ZEISS PHOTOGRAPHY AWARD
KEVIN FAINGNAERT
portraitiert das Leben auf den Färöern
Unwirtliche Landschaften, Einsamkeit und magische Geschichten: Für seine Fotostrecke Føroyar lebte der Belgier Kevin Faingnaert einen Monat lang auf den Färöer-Inseln. Hier erzählt er, wie es dazu kam – und was eine Flaschenpost damit zu tun hat.



Føroyar ist im Februar 2016 entstanden. Ich wohne in Gent, einer mittelgroßen Stadt in Belgien. Der Winter war hart und ungemütlich. Ich fühlte mich gefangen und wollte der Enge meiner Wohnung entfliehen, wollte möglichst weit weg. Wie ich auf die Färöer-Inseln gekommen bin, weiß ich nicht mehr genau. Ich entschied mich einfach, dorthin zu fah- ren, ohne Plan und Ziel. Ich wusste nur, dass ich Fotos machen wollte.
Einen ganzen Monat blieb ich dort. Ich machte Couchsurfingund lebte mit den Menschen in ihren Häusern. Die Färöer haben mich sehr offen und herzlich aufgenommen, sie waren neugierig und interessiert an meiner Arbeit, einige fühlten sich sogar geehrt. Zum Dank kochte ich manchmal für sie, half ihnen beim Schneeschippen und fuhr mit den Fischern hinaus aufs Meer.
Früher lebten in den Dörfern Hunderte Menschen. Heute sind es fünf oder zehn.
Auf meinen Streifzügen über die Inseln kam ich an kleinen Dörfern vorbei. Vor einigen Jahrzehnten lebten dort hunderte Menschen, heute sind es oft nur noch fünf oder zehn, weil die jungen Leute in die Städte ziehen, wo sie sich bessere Chancen erhoffen. In ihrer Heimat sehen sie keine Zukunft mehr.
Ich klopfte an die Türen, auch wenn es mich Überwindung kostete. Die Kommunikation in den Dörfern funktioniert unglaublich gut: Es verging keine halbe Stunde und das ganze Dorf wusste, dass ich da war.
Solche Geschichten sind magisch, man findet sind sie nur an diesen Orten.
Die Menschen luden mich zu einem Kaffee ein und erzählten mir von ihrem Leben. Dann fotografierte ich sie. Einmal, auf der Insel Svinoy, traf ich einen pensionierten Seemann, er hieß Simun. Seine Leidenschaft ist es, Flaschenpost zu sammeln. Eine Meeresströmung spült die Flaschen aus Kanada in Massen an einen Strand an der Nordküste der Insel. Beinahe jeden Tag findet Simun eine. Er hat sogar ein kleines Museum eingerichtet und stellt sie dort aus.
Solche Geschichten sind magisch, man findet sind sie nur an diesen Orten.
Ich liebe meine belgische Heimatstadt und würde sie niemals verlassen. Aber ich mag es auch, ihr zu entfliehen und das Gefühl zu haben, auf einem fremden Planeten zu sein. Eine Umgebung, die so anders ist als meine Heimat, ist für mich wie ein Adrenalin-Kick. Andere machen Bungee-Jum- ping, mein Abenteuer heißt Fotografie. Ich öffne verborgene Türen – und finde besondere Schätze.
