alle Fotos © Ella & Louis, Mannheim

Mannheim

JAZZCLUB
„ELLA & LOUIS“

Seit kurzem ist Mannheim mit dem „Ella & Louis“ um eine musikalische Attraktion reicher. Das „Ella & Louis“ ist weit mehr als nur ein Jazzclub. Es ist Spielstätte, Bar und Treffpunkt von Liebhabern erlesener Musik. Gründer und Programmdirektor ist der Mannheimer Trompeter und „Hans Dampf in allen Gassen“, Thomas Siffling, dessen Eindrücke und Erfahrungen aus internationalen Jazzclubs den Stil und das Konzept von „Ella & Louis“ prägen. Mit „Ella & Louis“ hat die UNESCO City of Music, einen ganz besonderen Club, der die Live-Kultur der Stadt auf eine ganz neue Ebene hebt. Thomas Siffling gehört seit Jahren zu den Vor- und Wegbereitern der jungen, europäischen Jazzszene und machte sich einen Namen bei unzähligen Auftritten und Tourneen auf der ganzen Welt. Siffling gilt als unkonventioneller, musikalischer Grenzgänger des Jazz.

Wir sprachen mit Thomas Siffling

Wie kam Thomas Siffling zum Jazzclub ELLA & LOUIS, der im September letzten Jahres im Rosengarten Mannheim eröffnet wurde, und woher nehmen Sie noch die Zeit für einen Jazzclub? Sie sind Musiker, Produzent, Berater und Initiant von vielen verschiedenen Projekten.

Den Traum einen eigenen Jazzclub zu haben hatte ich schon in meiner Jugend. Einen eigenen Club, in dem alles so läuft, wie ich mir das als Musiker selber wünschen würde, in dem die Musiker so behandelt werden, wie es sich gebührt. Einen Club, in dem man sich wohlfühlen kann, sowohl als Gast als auch als Musiker. Einen Club, der wieder mehr Leuten das Thema Jazz näherbringt. Eben eine hochwertige und repräsentative Spiel- stätte mit Wohlfühlcharakter. Vor etwas mehr als zwei Jahren ergab sich dann die Möglichkeit, im Mann- heimer Rosengarten gemeinsam mit der m:con, der Mannheimer Congress GmbH, dieses Ziel zu realisieren, und da habe ich nicht lange nachgedacht und gleich zugeschlagen. Jetzt steht er da, der neue Jazzclub Ella & Louis und wir sind mitten in unserer ersten, alle Erwartungen übertreffenden, Spielzeit. Der Zuspruch ist schon fast beängstigend und die Menschen gehen alle mit leuchtenden Augen wieder nach Hause. Insofern bin ich sehr dankbar, auch wenn es mir als – nennen wir es mal „Mädchen für alles“ was ich im Moment noch bin – doch deutlich mehr Arbeit macht als vorher angenommen. Da wären wir dann schon bei Ihrer zweiten Frage. Zeit. Zeit ist der größte Luxus, den wir haben oder in meinem Fall, den ich im Moment nicht habe. Es ist sehr zeitintensiv, alles auf die richtigen Wege zu bringen und das Große und Ganze da- bei nicht aus den Augen zu verlieren. Da verschiebt sich im Moment doch deutlich die Gewichtung von Thomas Siffling, dem Musiker, hin zu Thomas Siffling, dem Funktionär oder wie man es auch immer nennen mag.

Ich muss mir regelrecht die Zeit fürs Musikmachen nehmen und tue das auch immer mehr mit Nachdruck. Das Gute daran ist, dass ich 2019 als ein musikalisches Übergangsjahr für mich sehe und von daher weniger als Musiker on the road bin, was es sicherlich etwas leichter macht. Ich produziere gerade an meinem neuen Album herum und da habe ich ganz klare Jour-fixe-Tage, an denen ich gemeinsam mit meinem Produzenten im Studio arbeite, neue Musik schreibe und vorproduziere. Das tut mir sehr gut und fühlt sich immer wie eine kleine Oase an. Kein Handy, keine E-Mails, nur Musik – toll!

Aber klar, ich spiele auch jeden Tag noch Trompete. Das ist immer das Erste am Tag, was ich mache. Nachdem ich unseren Sohn in die Schule gefahren habe, geht’s zum Üben. Übrigens auch ohne Handy, aber vorher werden noch kurz die E-Mails gecheckt. Die restlichen Projekte wie z.B. meine Konzertreihen, die ich künstlerisch betreue, oder Beratungskonzepte für Kollegen sind ja erst mal Kopfarbeit, die ich auch beim Sport oder Autofahren machen kann, und später erst aufs Papier bringen muss.

Generell bin ich sehr froh, dass ich ein tolles Team um mich herum habe, das mich bei all meinen Projekten tatkräftig unterstützt. Ohne dieses Team würde es sicherlich nicht gehen.

Ihre Funktion im ELLA & LOUIS ist die des musikalischen Kurators. Wie gestalten Sie das Programm und wer nutzt den Jazzclub noch?

Wie oben bereits beschrieben, fühle ich mich im Moment wie das „Mädchen für alles“, aber meine Hauptaufgabe als geschäftsführender Gesellschafter der Betreibergesellschaft ist es, die Finanzen, die Gesamtkoordination und natürlich auch die Verantwortung für den künstlerischen Inhalt des Clubs zu tragen. Einer meiner wichtigsten Punkte ist es, eine neue gesellschaftlich relevante Spielstätte zu schaffen, die es den Leuten so einfach wie möglich macht, die doch oft noch vorhandene Hemmschwelle zum Jazz zu überschreiten.

Dazu ist es meines Erachtens auch wichtig, das Publikum wieder für sich zu gewinnen bzw. ein Vertrauen gegenüber dem Kurator zu entwickeln. Dies bedeutet für mich, dass in den ersten Spielzeiten keiner aus dem Club läuft, ohne verstanden zu haben, was er gerade auf der Bühne gesehen hat. Wir wollen Jazz präsentieren, der nachvollziehbar und verständlich ist und der dabei trotzdem hochwertig und auch mal modern sein darf. Es geht um die Präsentation. Die Leute sollen mit der Zeit mutiger werden und wir werden das als Club begleiten. Es ist eine stetige Entwicklung und Weiterentwicklung. Im Endeffekt muss es so sein, dass, wenn es jemandem nicht gefällt, er oder sie mir das sagen kann, ich aber trotzdem weiß, er oder sie kommt trotzdem wieder, weil das Gesamtpaket einfach stimmt.

Die Nutzung des Clubs ist eine Gemeinschaftsnutzung mit der m:con, die den Club neben unseren Spieltagen z.B. bei Kongressen oder exklusiv für Events verkauft. Das geschieht einvernehmlich Hand in Hand und ist ein Geben und Nehmen.

Seit einem halben Jahr ist das ELLA & LOUIS offen. Sind Sie zufrieden?

Mehr als zufrieden. Die großartige Resonanz und die durchweg positiven Rückmeldungen unserer Gäste machen mich glücklich und stolz. Auch wenn bei so vielen ausverkauften Konzerten der eine oder andere mal hinter einer Säule sitzen muss, tut das der Erfolgswelle keinen Abbruch. Die Menschen fühlen sich wohl und scheinen ein neues Zuhause gefunden zu haben, dem sie sich so verbunden fühlen, dass sie immer wieder gerne kommen. Es läuft so gut, dass wir in der nächsten Spielzeit, die im September beginnt, den Freitag als zusätzlichen festen Spieltag ins Programm mit aufnehmen werden.

Ist das ELLA & LOUIS das noch fehlende Puzzleteil in der Musikstadt Mannheim?

Es ist sicherlich ein Puzzleteil in unserer Sparte und hat einfach auch gefehlt. Aber man darf nie zufrieden sein. Mannheim als Musikstadt ist so vielfältig, dass uns ein cooler Rock/Pop Club sicher auch noch gut zu Gesicht stehen würde. Aber Schritt für Schritt. 

Mannheim ist UNESCO City of Music. Welche Bedeutung hat der Jazz im Portfolio der City of Music und wie arbeiten die verschiedenen Genres und Einrichtungen zusammen?

Mannheim ist schon immer auch eine Jazzstadt gewesen, insofern hat das Thema Jazz auch einen großen Anteil an der Unesco City of Music beigetragen. Aber wie oben schon beschrieben, zeichnet sich Mannheim durch eine unglaublich mu- sikalische Diversität aus. Jazz mit Clubs, Festivals und einer Ausbildung an der Musikhochschule, die orientalische Musik- akademie, die Popakademie, das Nationaltheater oder auch die Musikhochschule mit ihrer klassischen Ausbildung. Es ist toll und inspirierend, so viele unterschiedliche Kulturen und Einflüsse zu erleben und zu sehen, dass es einen regen Austausch gibt. Keine Angst vor Crossover und neuen Einflüssen.

Was macht die Musik mit Mannheim? Was hat sich in den letzten Jahren durch Initiativen wie die Metropolregion, die UNESCO City of Music und die Popakademie Baden-Württemberg, die vor 15 Jahren ein eigenes Gebäude in Mannheim- Jungbusch bekam, in der Stadt verändert?

Klar verändert die Musik die Stadt. Der angesprochene Stadtteil Jungbusch, in dem ich auch über zehn Jahre mein Office hatte, wäre nicht so ein lebendiger Stadtteil ohne die Popakademie, die Existenzgründerzentren Musikpark 1 und 2 und das C-Hub, die Städtische Galerie und vor allem das bunte Volk an Menschen, die alle friedlich miteinander leben.

Überall in der Stadt merkt man, dass es ein Musikverständnis und eine Musikbegeisterung gibt. Die vollen, größeren Konzerthäuser wie die Alte Feuerwache, das Capitol oder auch das Nationaltheater belegen das. Und dann noch die SAP Arena mit ihren zahlreichen Konzerten mit mehr als 12.000 Zuschauern. Alles in allem ist es natürlich nicht nur Mannheim, sondern die gesamte Metropolregion, aus der die Zuschauer kommen, aber sicherlich bildet Mannheim das musikalische Herzstück.

DAS GESPRÄCH FÜHRTE KAI GEIGER.