Wir sprachen mit Ruben Bauer und Friedemann Bauknecht
Wie und wo haben sich Friedemann Bauknecht und Ruben Bauer kennengelernt und wie entstand daraus die Idee zur Agenturgründung?
Ruben Bauer: Wir haben zusammen in Karlsruhe Kunst- und Kulturmanagement studiert. Neben den geteilten Studieninhalten haben wir auch Vorerfahrungen im Booking und Bandmanagement sowie bald auch stellenweise die Bühne geteilt. Die Idee zur Agenturgründung entwickelte sich dann aus der Unzufriedenheit in Studi-Jobs sowie Arbeits- und Projektangeboten, die wir dann über die Agentur abwickelten.
Was ist Ihr persönlicher Antrieb und die Mission mit Ihrer Agentur?
Friedemann Bauknecht: Grundsätzlich hatten wir beide schon früh den Antrieb, in die Selbstständigkeit zu gehen und nach den eigenen (musikalischen) Vorstellungen zu arbeiten. Dabei ist es uns persönlich wichtig, Jazz weiter zu denken und ein breiteres Jazzverständnis zu propagieren. Was uns besonders interessiert, sind Acts, die frische, moderne Ansätze verfolgen. Nicht zuletzt ist es unsere Mission, zusammen mit unserem tollen Team unsere Künstler:innen bestmöglich zu unterstützen und die Projekte voranzubringen. Das und auch die Arbeit im Team an sich treibt uns jeden Tag aufs Neue an!
Was umfasst das Leistungsspektrum der SOUNDSGOOD Music Agency?
Ruben Bauer: Die Agentur steht auf fünf Säulen. Unser Kern ist weiterhin das Konzert-/Tour-/Festival-Booking von (inter)nationalen Künstler:innen. Daneben gewinnen die Bereiche Künstler-Management (Joo Kraus, Matti Klein, Webster), Social Media Management, Promotion und Projekt-Management zunehmend an Bedeutung für unser Leistungsspektrum. Der Vorteil davon ist, dass wir inhouse viele Dienstleistungen, die miteinander verwoben sind, anbieten können und dadurch bei Bedarf an verschiedenen Stellschrauben unterstützen können.
Nachhaltigkeit wird auch in der Musikbranche ein immer größeres Thema, sowohl bei Veranstaltungen als auch bei den Künstler:innen selbst. Wie stellen Sie sich dem Thema?
Friedemann Bauknecht: Uns ist das Thema Nachhaltigkeit von Anfang an ein persönliches Anliegen gewesen, und auch meine Abschlussarbeit im Bachelor beschäftigte sich mit dem Thema ökologische Nachhaltigkeit bei Künstleragenturen. Bei uns selbst sind vor allem die Auswirkungen unserer Arbeit die Haupttreiber aus ökologischer Perspektive, da Künstler:innen von A nach B fahren und Veranstaltungen grundsätzlich durch ihre Aktivitäten unter anderem Müll produzieren und Energie benötigen. Entsprechend versuchen wir hier einerseits durch Kommunikation mit den Künstler:innen, aber auch den Veranstalter:innen, mehr Bewusstsein zu schaffen und entsprechende Handlungen zu erwirken. Ganz konkret bedeutet das, dass wir versuchen, ein effizientes Routing für Touren zu entwickeln und Flüge zu vermeiden. Zudem haben wir hierzu einen Green Rider entwickelt, den wir an die Veranstalter:innen schicken, um ökologische Themen aufzugreifen. Das reicht dann von der Vermeidung von Einmalbesteck bis hin zu ökologische(re)n Unterkünften oder LED-Beleuchtung. Zudem verfassen wir einen jährlichen Report, um unsere Bemühungen transparent zu machen, und kompensieren Teile der Reisestrecken der Bands. Außerdem bin ich hin und wieder bei Konferenzen als Speaker zu dem Thema aktiv (u.a. Reeperbahn Festival, Kulturbörse Freiburg) und versuche darüber mehr Leute für das Thema zu begeistern. Denn klar ist, dass wir dieses Themenfeld nur gemeinschaftlich angehen oder lösen können.
Sie haben Ihre Agentur im Jahr 2018 gegründet. 2020 kam die Corona-Pandemie, die auch Ihnen als junge Agentur viele Konzertabsagen und Stornierungen von Aufträgen bescherte. Viele Neugründungen haben diese Zeit nicht überstanden. Wie haben Sie es geschafft?
Ruben Bauer: Wir haben sowohl das Glück gehabt, gerade in der Anfangszeit vermehrt auf Social-Media-Management gesetzt zu haben. Der Bedarf bei Künstler:innen war hier umso größer, und es gab mehrere Förderungen, über welche dies für Musiker:innen und Bands finanzierbar war. Darüber hinaus waren wir in einigen Projekten tätig, die speziell durch die Pandemie entstanden waren. So entwickelten wir schon vor der großen Streaming-Welle für das CLASSICAL BEAT Festival eine Projektidee für ein Crossover-Streaming-Konzert mit dem Berliner Rapper BRKN, zusammen mit einer Jazzband und Streichensemble, das dann im Eutiner Schloss durchgeführt wurde. Dennoch war die Zeit ein harter Kampf für uns, da wir auch durch das Raster vieler Förderprogramme fielen. Zudem mussten wir unser eigentlich für März 2020 geplantes SOUNDSGOOD Festival & Konferenz schweren Herzens absagen.
Sie repräsentieren eine neue Generation von Agentur. Sie sind ein Team aus studierten Betriebswirt:innen, Kultur- und Medienwissenschaftler:innen und Kultur- und Medienmanager:innen. Was machen Sie anders und wie spiegelt sich das angeeignete Wissen in Ihrer Arbeit wider?
Friedemann Bauknecht: Es ist schwierig, da einen Vergleich zu ziehen. Grundsätzlich kann man aber sagen, dass das Studium sicherlich eine professionelle Basis vermittelt hat. Das heißt in unserem Kontext, ein Branchenverständnis mitzubringen, den Umgang mit sozialen und auch klassischen Medien zu verstehen und eine manageriale Perspektive auf die Dinge zu bekommen. Zudem ist uns das Thema Kommunikation ein sehr großes Anliegen und der Wille, das beste Ergebnis für alle Beteiligten zu erzielen. Dennoch gibt es auch eine große Diskrepanz zwischen Studium und Arbeitsalltag. Entsprechend wichtig sind eben auch die praktischen Erfahrungen, um sich ein Netzwerk aufzubauen und die Strukturen und Arbeitsweisen der Musikbranche zu verstehen.
Wie wird sich aus Ihrer Sicht das Musikbusiness, das sehr fragil und von großer Unsicherheit geprägt ist, verändern und weiterentwickeln müssen, damit die Branche langfristig überlebt?
Friedemann Bauknecht: Puh ... keine leichte Frage! Einerseits gibt es einfach natürlich viele Probleme, die wir momentan sehen. Vom Ausbleiben der Konzertbesucher:innen, dem „Clubsterben“, prekären Lebenssituationen von vielen Künstler:innen bis hin zu veränderten Hör- und Erlebnisgewohnheiten der neuen Zuhörergenerationen. Da eine pauschale Antwort zu geben, ist schwierig. Dennoch denke ich, dass wir wieder offener für Transformationen sein müssen. Dabei muss die Frage gestellt werden, was die Leute hören wollen, welche Bedürfnisse bestehen und in welcher Art und Weise das Konzert diese Bedürfnisse noch erfüllt. Speziell im Jazz sehe ich hier die Notwendigkeit einer größeren programmatischen und auch finanziellen Anpassung hin zu einem zumindest teilweise „jüngeren“ Programm. Ansonsten braucht es, denke ich, mehr kooperative anstatt kompetitive Ansätze. Nach dem Motto „zusammen sind wir stark“ sind Kooperationen sämtlicher Art und Weise hilfreich – sei es im Alltag (bspw. Agenturen untereinander) oder auch auf politischer Ebene (z.B. „Music Declares Emergency“). Zuletzt bleibt ein Problem in unserer Branche natürlich das liebe Geld, das doch oft knapp ist. Hier ist auch der Staat gefragt, auch wenn Sponsoring & Co. nicht zu vernachlässigen sind. Ich schaue hier zum Beispiel gerne nach Frankreich, wo Musiker:innen bei einer bestimmten Anzahl an Auftritten ein monatliches Fixgehalt ausgezahlt bekommen. Das würde sicherlich vielen helfen und wäre meiner Meinung nach ein zu diskutierender Ansatz nach dem Motto „Was ist uns Kultur wert?“.
Sie sind beide auch Musiker! Haben Sie noch Zeit, live auf der Bühne zu stehen, auf Tournee zu gehen, sich künstlerisch zu erden und die Welt Ihrer Kunden hautnah selbst noch zu spüren?
Ruben Bauer: Leider viel zu und zunehmend wenig ... Ich persönlich habe das Glück, zuletzt jedoch auch mit einer unserer Bands (Jin Jim) gemeinsam auf Tour gewesen zu sein und dabei mit ihnen gar in Nepal auf der Bühne gestanden zu haben. Frisch nach Berlin gezogen, bin ich (zumindest die kommenden Monate) Teil des Jazzorchesters X-Berg und genieße dort fetten Big Band Sound!
Friedemann Bauknecht: Auch bei mir ist das eigene Musizieren leider stark zurückgegangen und hat sich hauptsächlich in den privaten Kontext verlegt. Dennoch merkt man immer wieder, wie hilfreich es ist, selbst schon mal auf einer Bühne gestanden zu haben und die Künstler:innen-Perspektive auch schon mal erlebt zu haben. Das hilft im Alltag ungemein!