Wienand Verleger Michael Wienand | Foto Uwe Schmitz

DER WIENAND VERLAG
70 Jahre Kunst in Büchern
Wir sprachen mit Michael Wienand.

Kunstbuchverleger, was fasziniert sie an dem Beruf?

In meinem Beruf verbinden sich zwei meiner großen Leidenschaften: die Liebe zum Buch und die Liebe zur Kunst. Der Um- gang mit Künstlern, mit Museen und Ga- lerien ist in hohem Maße inspirierend. Es ist der andere Blick auf die Welt, es sind die ästhetischen und vor allem auch die inhaltlichen „Erfindungen“, die das Faszinosum von Kunst ausmachen. Mit klugen Texten und durch einfühlsame Gestaltung und Ausstattung werden Bücher zu kleinen Kunstwerken, das ist unser Ziel. Es ist ein wunderbares Gefühl, um nur ein Beispiel aus unserer Produktion zu nennen, wenn in einem Werkverzeichnis alle Werke einer Künstlerin oder eines Künstlers verzeichnet und abgebildet sind und sich so Leben und Werk in allen Facetten darbietet. Bei einem Werkverzeichnis ist unser Ehrgeiz, ein Buch möglichst vollständig, ohne Fehler und in optimaler Qualität sowohl der Kunstwissenschaft wie auch den Sammlern zur Verfügung zu stellen und so das Überleben der Kunst zu sichern.

70 Jahre Wienand Verlag! Wie fing alles an?

Als Adam Wienand, mein Vater, 1949 ein Unternehmen unter eigenem Namen gründete, geschah dies auf den Trümmern eines im Krieg zerstörten Druckerei- und Verlagsbetriebs, dessen Teilhaber er zuvor gewesen war. Die Verlagsgründung war dabei nicht nur eine unternehmerische Idee, sondern auch ein Beitrag zum geistigen Wiederaufbau nach Nationalsozialismus und Kriegszerstörung. Mein Vater verstand sich als klassischer Druckerverleger, was in Köln seit Gutenberg Tradition hatte, und verlegte Bücher entsprechend seinen Neigungen: Kultur, Kirche, Geschichte und Buchkunst. In den 50er Jahren entstand zunächst eine schmale Verlagsproduktion, weil er zum Teil selbst Herausgeber und Autor seiner Bücher war. Beispielhaft für diese Jahre stehen die Titel »Rheinischer Kir- chenbau im 19. Jahrhundert« und »Die Or- den und Klöster in Deutschland«.

Wienand Team | Foto Andrea Dingeldein

War es väterlicher Druck oder selbstbestimmte wachsende Leidenschaft, dass sie den Verlag in der zweiten Generation übernommen haben?

Tatsächlich bin ich in das Unternehmen hineingewachsen, wie das früher oft üblich war. Die Nachfolge war für meine Eltern und mich selbstverständlich, von klein auf habe ich im Unternehmen mitgearbeitet. Folglich habe ich dann eine Ausbildung zum Setzer, Drucker und Verlagskaufmann absolviert. Mein Vater übergab mir wegen gesundheitlicher Probleme bereits in jun- gen Jahren viel Verantwortung, hielt aber trotzdem die Zügel in der Hand. Das sind Herausforderungen für einen jungen Mann. Deshalb habe ich dann schon mit 26 Jahren meinen eigenen Verlag gegründet. Ohne die Leidenschaft für Bücher, für Inhalte, für die Kunst, für Veränderungen, geboren aus dem Bedürfnis, die Gegenwart mit zu gestalten, hätte ich diesen Weg nicht weitergeführt. Im Laufe der 70er und 80er Jahre konnte ich zudem viele eigene Ideen umsetzen und den Verlag zum Kunstbuchverlag umgestalten. 2018 allein haben wir 70 Titel verlegt. Unser Haus gehört heute zu den führenden Kunstbuchverlagen Deutschlands.

Wienand Verlagskonferenz | Foto: Andrea Dingeldein

Was sind die größten Herausforderun- gen, vor dem ein Verlag heute und in der Zukunft steht?

Bücher zu machen, die trotz verändertem Marktverhalten ihre Liebhaber finden. Bücher, zumal Kunstbücher, wollen heute inszeniert werden. Sie zählen zunehmend zu den Luxusgütern. Also muss man sie begehrenswert machen in Inhalt, Aufma- chung und Darbietung. Um der Schnelllebigkeit unserer heutigen Zeit gerecht zu werden, entwickeln wir auch neue Buch- formate, wie die Bände von „Wienands Kleine Reihe der Künstlerbiografien“, die das Leben und Werk eines Künstler oder einer Künstlerin fundiert, aber sehr kompakt vorstellen. Wir müssen uns zudem mit den digitalen Angeboten auseinan- dersetzen und versuchen, Inhalte auf den unterschiedlichsten Ausgabemedien sicht- bar zu machen, selbst wenn dem Buchverleger das gedruckte Buch das Liebste ist. Insofern müssen wir neue Vertriebswege finden, auch die eigene Arbeitsweise op- timieren und immer daran denken, dass ein Buch ein Kulturgut ist, das über den Tag hinaus Bestand haben soll. Deshalb ist unser Anspruch an Inhalt und Form, höchste Qualität anzustreben und die Langlebigkeit zu betonen. 

Das Gespräch führte Kai Geiger.