Wir sprachen mit Gregor Hübner über den Start in sein Sabbatical im WS/SS 23/24 und wie er sich für den Titelnamen ZBIGGY für die arttourist Ausgabe 2024 entschieden hat. Interview Gregor Hübner
Wie reifte die Idee, der Wunsch nach einem Sabbatical?
Gregor Huebner: Vor Corona hatte ich mich nach der Möglichkeit eines Forschungs-Sabbaticals, einer Auszeit vom Unterrichten, erkundigt und die Antwort bekommen, wenn ich 3 Jahre lang ein Drittel mehr arbeiten würde, könnte ich ein Jahr Pause machen. Dann kam Corona. Viele Student:innen haben in dieser Zeit Ihr Studium verlängert und ich hatte dadurch ein Überdeputat das ich dann bis zum Ende des Sommersemesters 2023 ansparen konnte, um jetzt das Winter- und Sommersemester 23/24 Pause machen zu können.
Für mich war es immer schon wichtig, mich mit anderen Kulturen zu beschäftigen und diese zu studieren. Jetzt habe ich die Zeit dazu. Gleichzeitig möchte ich mich mehr um meine aktuellen Projekte kümmern und die Zeit zum Komponieren finden, ohne immer nur auf Deadline zu schreiben.
Nach dieser Art von Entschleunigung habe ich gesucht und hoffe, dass ich sie auch in dieser Zeit finden werde. Auch für meine Arbeit als Lehrer und Mentor sehe ich dieses Jahr als immense Bereicherung die ich danach auch wieder an meine Student:innen weitergeben kann.
Ein Sabbatical mag gut geplant sein. Was haben Sie sich für das Jahr vorgenommen, wie sieht Ihr Jahr aus?
Gregor Huebner: Ich habe direkt nach meinen letzten Konzerten im Juli 2023 damit begonnen und bin in den Senegal geflogen, wo ich gerade unglaublich viele Eindrücke sammle. Seit zwei Monaten bin ich in Dakar und es ist eine sehr intensive Zeit. Ich habe tolle Musiker getroffen, mit denen ich in der Zwischenzeit fast täglich arbeite. Hinzu kommen meine regelmäßigen Unterrichtsstunden bei einem Kora*-Lehrer, auf einem Instrument, das mich immer schon fasziniert hat.
Auch in Südafrika, wo ich wahrscheinlich in Stellenbusch in der Nähe von Cape Town einen Workshop geben werde und Kamerun, ein musikalisch sehr interessantes Land, stehen auf meiner Agenda für dieses Jahr.
Dann habe ich mich noch für eine Residence in Venedig beworben, um dort einen lang gehegten Plan, ein symphonisches Werk zu schreiben, genauer gesagt, ein Bild von Caravaggio zu vertonen, zu realisieren.
Nach einer intensiven Auseinandersetzung mit der latein- und südamerikanischen Musik steht nun also die musikalische Auseinandersetzung mit der Musik Westafrikas an?
Gregor Huebner: Die Musik Westafrikas ist eine unglaubliche Bereicherung für mein künstlerisches Schaffen. Ich sehe viele Gemeinsamkeiten zwischen der afrokubanischen Musik und der Musik hier im Senegal. Genau wegen dieser Spurensuche habe ich mich auf den Weg in den Senegal gemacht.
Ich hatte eigentlich keine Erwartungen und bin dadurch sehr offen in einige interessante Situationen geraten. Noumouncounda zum Beispiel ist ein Kora-Virtuose, mit dem ich nun fast täglich arbeite. Ich werde nicht sofort alles verstehen, versuche aber so viel wie möglich aufzunehmen, um es später genauer zu begreifen. Dasselbe erzähle ich eigentlich meinen Student:innen über Ihre Zeit in der Uni.
Was sind Ihre ersten Eindrücke, Entdeckungen und Begegnungen mit der Musik Senegals, die in den letzten Jahrzehnten über Youssou N'Dour, den Mbalax und Baaba Maal geprägt wurden.
Gregor Huebner: Gleich in der ersten Woche konnte ich einer Probe der neuen Oper von Youssou N'Dour beiwohnen die am 20. September in Paris Premiere feierte. Großartige Musik und auch die Sprache Wolof, in der diese Oper gesungen wird ist etwas Neues für mich. In der afrokubanischen Musik speziell in den Zeremonien der Santeria ist die Sprache Yoruba, die in Nigeria gesprochen wird, aber auch Wolof sehr wichtig und verleiht den Kompositionen einen ganz speziellen musikalischen Rhythmus.
In das Jahr fällt das von Ihnen initiierte Progressive Chamber Music Festival in New York (Oktober) und München (November). Unterbrechen Sie dafür, ist es ein gewollter und geplanter Übergang oder wird das Sirius Quartet ohne Sie auftreten?
Gregor Huebner: Für bestimmte mir sehr wichtige Projekte unterbreche ich meine Forschungsreisen und die beiden Festivals in New York und München sind eine Herzensangelegenheit.
Gleich nach dem Festival in New York gibt es noch ein besonderes Konzert im Detroit Art Institut in der Diego Rivera Halle, bei dem ein neues Streichquartett von mir mit dem Titel Rage uraufgeführt wird.
Auch mein Ensemble, das Munich Composers Collective ist ein Projekt, das mir sehr wichtig ist. Wir werden im Oktober das Münchner Stipendium erhalten und unsere erste CD mit dem Titel Digital Code wird bei Enja erscheinen und am 30. Oktober mit einem Konzert im Jazzclub Unterfahrt gefeiert.