Interview mit Gustavo Strauß
Wer oder was ist das Paranormal Quartet, wie und wo sind Sie sich begegnet und wann kam es zur Gründung?
Gustavo Strauß: Das Paranormal String Quartet ist ein Ensemble, welches wie ein klassisches Streichquartett aus zwei Violinen, Bratsche und Cello besteht. Da wir aber im Gegensatz zu den „normalen“ Streichquartetten hauptsächlich eigene Stücke mit Improvisationsanteilen spielen, haben wir uns „paranormal“ genannt. Gegründet wurde das Ensemble während meiner Zeit als Student an der Musikhochschule München im Studiengang „Improvisation für Streicher“ bei Gregor Hübner, in dem ich Felix Key Weber kennenlernte – der neben mir der einzige andere Student im Studiengang war. Katie Barritt kannte ich aus meiner Zeit aus der HfM Nürnberg und Jakob war Felix´ bester Freund und Mitbewohner.
Paranormal Quartet erforscht Wege zwischen Klangwelten klassisch geprägter Komposition, heißt es auf Ihrer Internetseite. Was muss man sich darunter vorstellen?
Gustavo Strauß: der Klassik kommend und mit großer Liebe für das bisher für Streichquartett komponierte Material versuchen wir auch in unseren eigenen Kompositionen die Stärken des Klangkörpers Streichquartett ernst zu nehmen und sie mit den Möglichkeiten von Improvisation, neuen Spieltechniken, Groove und „Band Spirit“ zu kombinieren.
Gregor Hübner prägte den Begriff Progressive Chamber Music. Bei der Premiere des gleichnamigen Festivals 2018 und im letzten Jahr haben Sie dort mit dem Quartet gespielt. Was verbinden Sie mit Progressive Chamber Music?
Gustavo Strauß:, die im kammermusikalischen Rahmen neue Freiheiten erlangt, besonders hinsichtlich starrer Genregrenzen und Schubladendenken.
Wie wichtig sind solche Begrifflichkeiten für experimentelle und Neue Musik und Formate wie das Progressive Chamber Music Festival (23.–24.11.2023, Milla Club München) und das Munich Composers Collective, um diesen Musikstil bekannt zu machen und zu etablieren?
Gustavo Strauß: Begrifflichkeiten sind tatsächlich aus meiner Sicht wichtig, da es wie in diesem Fall für genau dieses Phänomen von Musik noch keine gute, etablierte Beschreibung gab. Vor derselben Herausforderung stehen wir als Quartett oft, wenn wir unsere Musik in wenigen Worten erklären sollen. Ein Festival wie das Progressive Chamber Music Festival hilft enorm, der Begrifflichkeit einem Sound oder einem Approach zuordenbar zu machen.
Sie haben bei Gregor Hübner Ihr Masterstudium in „Improvisation für Streicher“ und „Jazz-Composition“ an der Hochschule für Musik und Theater München gemacht. Wie hat er Sie geprägt und in welchem künstlerischen Austausch sind sie mit ihm bis heute?
Gustavo Strauß: Hübner hat mich tatsächlich stark geprägt, angefangen damit, dass er mich ermutigt hat, überhaupt für Streichquartett zu schreiben. Die Kombination aus klassischem Klangkörper und Improvisation ist ja an sich selten, deswegen war Gregor mit seinem Sirius Quartet auch von Anfang an eine starke Inspiration für uns. Wenn ich an einem besonders kniffligen Projekt sitze oder eine experimentelle Idee habe, melde ich mich regelmäßig noch bei Gregor, und sein Input oder das Diskutieren der Ideen bringt mich immer weiter.
Von experimenteller Musik allein kann man nicht leben, dafür ist und wird es womöglich immer eine Nische bleiben. Sie alle machen noch andere spannende Musik. Geben Sie uns einen Einblick in die Musikwelt der Musiker:innen des Paranormal Quartets?
Gustavo Strauß: Das stimmt, Felix Weber arbeitet als Violinist bei der Bayerischen Staatsoper und spielt nebenbei auch in ganz verschiedenen Bands (Hannes Beckmann Band, Donnerbalkan). Jakob Roters lebt als freischaffender Cellist in der Welt moderner Opernproduktionen und hat auch schon ein Hip-Hop-Album produziert, Katie Baritt ist Mitglied des Bayerischen Kammerorchesters, und ich selbst habe neben dem Quartett z.B. noch ein Improvisationstrio mit Harfe und Bassklarinette („Schimmer Trio“), mein Solo-Loop-Projekt „Loopolution“, und als Kontrastprogramm spiele ich den Fiddler in einer wilden Folkrock-Band.