Klanghaus Detailansicht Schindeln | © Ralph Brühwiler

Toggenburg (CH)

Das Klanghaus – ein begehbares Instrument
Eröffnung 24. – 25.5.2025


Das Klanghaus Toggenburg ist ein Ort, an dem Architektur, Klang und Natur in einem einzigartigen Zusammenspiel erfahrbar werden. Ein Ort der Inspiration und Kreation Mit der Eröffnung des Klanghaus Toggenburg entsteht ein ganz neues Musikökosystem, ein klingendes Biotop für alle Musikliebhaber:innen, Klangforscher:innen, Soundnerds und Volksmusikverehrende. So vielfältig wie sich die Biodiversität im Naturschutzraum des Schwendisees zeigt, so divers soll sich auch die Klangkultur im Klanghaus Toggenburg entfalten. In der Begegnung durch Musik passiert Erstaunliches. Die Kraft und Magie der Musik war immer schon Beispiel dafür, wie Menschen oder unbekannte Welten sich öffnen und im Einklang zueinanderfinden können. Musik verbindet über alle Grenzen und steht exemplarisch für die friedvolle Verständigung zwischen Individuen, Gesinnungen und Kulturen.

Klanghaus und Schwendisee | © Ralph Brühwiler

Deshalb wird in Zukunft auch unser Kultur- und Kursprogramm vielfältig und divers daherkommen. Wir geben dem Klang einen neuen Ort, öffnen Räume für die unterschiedlichsten Kulturtraditionen, neue Kunstformen, den Dialog und die Neukreation, aber auch für die Pflege der über Generationen gewachsenen Identitäten. Tradition trifft auf Innovation, Erfahrung auf Idee und Kunst auf Leben.

Das Klanghaus ist eine Werkstatt, ein neuer Ort der Inspiration und Kreation. Jetzt öffnen wir seine Türen und laden alle herzlich ein, an dem, was unmittelbar entsteht, sei es vollendet oder noch im offenen, teilzuhaben und mit uns zu feiern.

Die Klangwelt Toggenburg bietet einzigartige Erlebnisse zum Thema Klang, Resonanz, Brauchtum, Stimme und vielem mehr. Eingebettet in die Voralpen der Ostschweiz, geprägt von einer ursprünglichen Gesangs- und Musikkultur.

Wir sprachen mit dem Künstlerischen Leiter Christian Zehnder

Christian Zehnder | © Björn Jensen

Das Toggenburg und der Klang. Ein besonderes Verhältnis!? Worauf basiert, worauf ist dieses gewachsen?

Christian Zehnder: Das Toggenburg umschließt eine intakte alpine Lautsphäre, eingebettet in eine archaische Natur- und Landwirtschaft. Im erweiterten Klang der Weidschellen unterscheiden hier die Bauern ihre Kühe und Rinder noch am Klang der Schellen. Auch lokalisieren und erkennen sie ihr Verhalten an ihrem spezifischen Klang. Weil sie gefühlsbetont mit ihren Tieren eine enge und existenzielle Verbindung eingehen, bringt es sie dazu, diesen Aspekt der Klanglichkeit hoch zu bewerten. Der heimische Klang der Schellen, der die Herde als Ganzes zu einer Art Glockenspiel oder Klanglandschaft werden lässt, ist hier somit  nicht nur ein musikalisches Ereignis, sondern weitet sich in der un- berührten Natur zur klingenden Lautsphäre und spiegelt damit eine essenziell geschaffene Lebenskultur zwischen Mensch und Natur wider. Die Schellen sind also so etwas wie der „Gral“ der Klangwelt. Über das Ganze entfaltet sich dann der hier noch lebendige Betruf, der Natur- jodel oder das Hackbrett und somit eine reiche, lebendige Volksmusik. Alte Bräuche und Lieder werden auch noch oral von Generation zu Generation weitergegeben. Zusammengefasst ist das besondere Verhältnis zwischen dem Toggenburg und dem Klang das Ergebnis einer tief verwurzelten kulturellen Tradition, inspirierender Natur, lebendiger Gemeinschaft und kontinuierlicher musikalischer Förderung.

Klanghaus Detailansicht Fassade | © Ralph Brühwiler

Wie kamen Sie zum Klang und wann ist für Sie ein Klang perfekt?

Christian Zehnder:
Als Musiker hatte ich auch immer eine große Verbindung zu den Alpen und war lange als Alpinist unterwegs. Der alpine Topos ist auch ein Klangraum. Durch die Entdeckung und Erforschung des Phänomens des Echos in den Bergen interessierte ich mich immer mehr für die Klangsphäre der Natur, auf welche wir Musiker:innen uns ja auch im- mer wieder gerne beziehen und Inspiration schöpfen.

Klang beinhaltet verschiedene Aspekte in seiner Perfektion, wobei der perfekte Klang wohl auch gleichzusetzen ist mit der Suche nach dem „Gral“. Er treibt meine Leidenschaft als Musiker voran. Fünf Aspekte gehören bei dieser Suche immer dazu:

Die Harmonie: Die Töne sollen in einem harmonischen Verhältnis zueinander stehen.

Die Klangfarbe: Die Beschaffenheit des Klangs – warm, hell, dunkel – beeinflusst die Wahrnehmung.  Die Lautstärke: Sie muss ausgewogen sein. Die Raumakustik beeinflusst den Klang, wie er wahrgenommen wird, und ganz wichtig, die emotionale  Verbindung. Oft wird Klang als perfekt empfunden, wenn er eine be- stimmte Emotion oder Stimmung vermittelt.


Wie entstand die Idee zu einem Klanghaus im Toggenburg?

Christian Zehnder:
Peter Roth, als geistiger Vater der Klangwelt, hat die Idee ins Leben gerufen. Er hatte vor über 30 Jahren die Möglichkeit, zusammen mit Freunden ein altes, etwas lottriges Naturfreundehaus am Schwendisee zu kaufen. Dort begann er, Klangkurse anzubieten. Später folgte ein Naturstimmenfestival, ein Klangweg und anderes mehr. Damit wuchs auch die Idee zum Klanghaus, als klingendes Zentrum der Klangwelt direkt am Schwendisee. Über 20 Jahre hat es gedauert, bis die Vision Wirklichkeit wurde, und dies mit vielen Rückschlägen. Peter Roth hat aber immer an seine Vision geglaubt und viele Menschen überzeugen können, bis das Klanghaus schließlich vor vier Jahren in einer kantonalen Abstimmung eine Mehrheit fand.

Klanghaus im Winter © Ralph Brühwiler

Welche besonderen Anforderungen wurden an den Bau im Innen- wie im Außenbereich gestellt?

Christian Zehnder:
Es sollte ein reiner Holzbau werden, ein „begehbares Instrument“, wie man es gerne treffend formuliert. Die Innenräume sollten so gestaltet sein, dass sie eine optimale und einmalige Klangqualität gewährleisten. Dies konnte mit außergewöhnlichen Maßnahmen der flexiblen Raumgestaltung, Materialien und resonierenden Objekten, die Schallwellen gut reflektieren oder absorbieren, auf eindrucksvolle Weise umgesetzt werden. Das Klanghaus besitzt zum Beispiel weltweit einzigartige Klangspiegel, die in Schwingung gebracht werden können und das klangliche Erlebnis des Raumes merklich erweitern.

Auch die Flexibilität war wichtig. Der Raum sollte vielseitig nutzbar sein, um verschiedene Veranstaltungen wie Konzerte, Workshops und Klanginstallationen zu ermöglichen. Und natürlich die Ästhetik: Der Innenraum sollte eine einladende Atmosphäre schaffen, die Kreativität und Inspiration fördert. Und auch die technische Ausstattung: eine spezifische technische Infrastruktur für die optimalen Voraussetzungen von Tonaufnahmen für Tonträger, aber auch, um Veranstaltungen professionell durchführen zu können.

Der Bau sollte sich Bau harmonisch in die umliegende Landschaft einfügen und die natürliche Schönheit der Region respektieren. Auch der Einsatz umweltfreundlicher Materialien und energieeffiziente Bauweise haben eine zentrale Rolle gespielt, um den ökologischen Fußabdruck zu minimieren. Schließlich sollte das äußere Erscheinungsbild außergewöhnlich sein und die Identität des Klanghauses und der Region widerspiegeln. Eine Herausforderung war auch die Mobilität. Wie gelangt man zum Klanghaus ohne Auto und bleibt trotzdem unkompliziert erreichbar, sowohl für Besucher als auch für Künstler?

Klangschmiede © Beat Belser

Was passiert im Klanghaus Toggenburg ab dem 24./25. Mai, dem Tag der Eröffnung?

Christian Zehnder: Am 24. und 25. Mai, dem Eröffnungstag des Klanghauses Toggenburg, sind in der Re- gel verschiedene Veranstaltungen und Aktivitäten geplant, um die Eröffnung gebührend zu feiern. Dazu gehört natürlich auch die Eröffnungszeremonie. Eine offizielle Feier mit Reden von Kanton, Initiatoren, Künstlern und Vertretern der Gemeinde. Folgend veranstalten wir das ganze Jahr hindurch ein reiches Kulturprogramm zwischen Heimat und Neuland und Experiment. Dies um- fasst Live-Auftritte von Musikern und Klangkünstlern, aber auch Eigenkreationen oder Präsentationen von Artists in Residence Mit Kursen und Seminaren bieten wir außerdem für Besucher die Möglichkeit, selbst aktiv zu wer- den und sich mit Klang, Musik und kreativen Ausdrucksformen zu beschäftigen. Im Weiteren ermöglichen wir auch Führungen durch das Klanghaus, damit die Besucher die Architektur und die akustischen Besonderheiten des Gebäudes erfahren können. Es ist eine Vielzahl von Angeboten, welche die Klangwelt entwickelt, bis hin zu Netzwerkmöglichkeiten, das heißt Gelegenheit für Künstler, Musiker und Besucher, sich zu vernetzen und Ideen auszutauschen.

Das Gespräch führte Kai Geiger.