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Theaterhaus Stuttgart
Das Theaterhaus Stuttgart e.V. ist ein Theater und Veranstaltungsort im Stuttgarter Norden. Mit 300.000 Besuchern und rund 900 Veranstaltungen im Jahr ist das Theaterhaus das bestbesuchte Haus seiner Art in Deutschland. Neben den Aufführungen seiner beiden Ensembles für Tanz und Schauspiel gibt es Gastspiele mit Künstlerinnen und Künstlern aus den Bereichen Comedy, Kabarett, Pop und Rockmusik, Lesungen, Jazz, Klassik und Neue Musik. Das Haus bietet in vier Veranstaltungshallen und zusätzlich vermietbaren Räumen eine Gesamtkapazität von nahezu 2.000 Sitzplätzen. Neben vier Veranstaltungssälen gibt es Proberäume, Werkstätten, ein Restaurant, Büroräume und ein zweistöckiges Foyer. Die Kunstformen werden zudem durch ein Sportangebot ergänzt, wofür eine separate Sporthalle zur Verfügung steht. Kunst und Sport unter einem Dach! Als eingetragener, gemeinnütziger Verein ist das Theaterhaus Stuttgart in privater Trägerschaft organisiert und laut Vereinssatzung dem Zweck der Gemeinnützigkeit verschrieben. Vielfalt und Offenheit sind zentrale Werte dieses Hauses!
www.theaterhaus.com
Telefonische Reservierung: Auskunft unter 0711-40207 -20 / -21 / -22 / -23
täglich von 10 - 21:30 Uhr.
Vorverkauf an der Theaterkasse täglich von 10 - 21:30 Uhr.
Online über www.reservix.de
Wir sprachen mit dem Theaterhaus- leiter Werner Schretzmeier und Eric Gauthier, dem Leiter der Gauthier Dance//Dance Company Theaterhaus Stuttgart.
15 Jahre Pragsattel, 30 Jahre Internationale Theaterhaus Jazztage, 10 Jahre Gauthier Dance, 2. COLOURS International Dance Festival. Hat das Jubiläumsjahr gut begonnen? Wie fühlen Sie sich?
ERIC GAUTHIER: Seitdem im September 2016 die Proben für unsere Geburtstagsproduktion BIG FAT TEN begonnen haben, hat sich bei mir mehr und mehr ein Jubiläums-Feeling aufgebaut. Jetzt zu Beginn des Jahres kreieren mehrere Choreographen parallel im Ballettsaal. Es brummt gerade nur so. Wobei uns 2017 mit dem zweiten COLOURS-Festival ja in der Tat eine weitere große Veranstaltung ins Haus steht, die mein Team und mich sehr beschäftigt. Das bedeutet natürlich viel Arbeit – aber es ist gleichzeitig eine enorme Motivation. Wir sind alle sooo gespannt auf die kommenden Monate.
Wie entstand die Idee zum Theaterhaus?
WERNER SCHRETZMEIER: Nachdem 1982 das Veranstaltungszelt der Manufaktur Schorndorf, deren Gründer ich bin, auf dem Stuttgarter Karlsplatz zwischen September und Dezember 35000 Besucher verzeichnete, war klar, dass Stuttgart einen kulturellen Ort braucht, in dem die unterschiedlichsten kulturellen Bedürfnisse unter einem Dach zu finden sind.
Wer waren die Initiatoren?
WERNER SCHRETZMEIER: Werner Schretzmeier, Gudrun Schretzmeier, Peter Grohmann
Was waren Ihre Ideale, die Zielsetzung und was ist davon geblieben?
WERNER SCHRETZMEIER: Kultur für alle. Niedere Schwellen. Günstige Eintrittspreise. Unprätentiös. Einladend durch Freundlichkeit. Seine politische Haltung nicht verstecken. Auf jeden Fall kein Gemeindehaus werden, in dem sich die immer gleichen treffen. Die drei Gründer haben sich in die Hand versprochen, dass wenn es ein Gemeindehaus werden würde, die Unternehmung gescheitert wäre. Es wurde nie zum Gemeindehaus. Es blieb bis heute eine kunterbunte Mischung aus „Thirty-Somethings“ und „Greyhounds“, aus Bankkauffrau und Architektin. Im Prinzip haben sich weder Ideale noch Zielsetzung verschoben. Der Wert von Realismus hat in den Jahren zugenommen.
Welche Widerstände gab es und ab wann waren Sie in Stuttgart angekommen und etabliert?
WERNER SCHRETZMEIER: Widerstände gab es von Beginn an, denn Neues erzeugt wohl in diesem Land erst mal Unsicherheit. Und diese ist gefährlich. Das Fördern von neuen Ideen bzw. neuen Orten wird nach wie vor von Misstrauen bestimmt. Und je erfolgreicher dann doch gearbeitet wird, je suspekter wird der Erfolg wahrgenommen. Dieses Land hat Angst vor dem Risiko. Auch heute noch begleitet uns dieses Misstrauen vonseiten der Kulturpolitik. Dagegen ist das Vertrauen der vielen Besucherinnen und Besucher stets am Wachsen und macht uns letztendlich stark.
Gab es Momente des Scheiterns, wo Sie alles hinschmeißen wollten?
WERNER SCHRETZMEIER: Die Momente des Scheiterns gab es in den 32 Jahren nie. Die Momente voller Frust wegen des zähen Fortgangs der finanziellen Hilfe durch Stadt und Land sind aber immer wieder spürbar und manchmal schmerzlich, weil Sisyphos einem als erfolgreicher Mann vorkommt und das Syndrom des ewigen zweiten Platzes die Motivation ganz stark beeinträchtigt. Aber hinschmeißen – nie!!
Was macht den Erfolg des Theaterhaus Stuttgart aus?
WERNER SCHRETZMEIER: Der Programmmix aus sogenannter Hochkultur und Breitenkultur. Dass Comedy neben Literatur angeboten wird, dass die Popmusik und der Jazz nebeneinander stehen, dass Theater und Tanz als unterhaltendes Element gesehen werden und deshalb großen Zuspruch haben. Aber auch die hochmotivierte und stets freundliche Belegschaft des Hauses trägt viel dazu bei, dass die vielen Besucherinnen und Besuchers sich stets willkommen fühlen.
Wieviel Subkultur und Basisdemokratie lebt noch im Theaterhaus Stuttgart?
WERNER SCHRETZMEIER: Subkultur ist ein sehr dehnbarer Begriff. Und kann auch als Behauptung daherkommen. Subkulturell könnte sein, dass wir nach wie vor ein hausinternes Entlohnungssystem haben, also keine Tarifgehälter, dass wir ein selbstbestimmtes Arbeitssystem haben, das den verschiedenen Abteilungen eine Art Selbstverwaltung einräumt, dass wir auch 2017 großen Wert auf soziale Eintrittspreise legen und dass weiterhin im Haus direkte Kommunikation Vorrang vor digitaler hat.
Mit einem Konzert des United Jazz & Rock Ensemble wurde das Theaterhaus Stuttgart Wangen 1984 eröffnet? Dieses Jahr feiern Sie 30. Internationalen Theaterhaus Jazztage. Ist der Jazz der rote Faden, der Rhythmus des Hauses?
WERNER SCHRETZMEIER: Die Musik von „UNITED“ könnte der rote musikalische Faden des Hauses sein. Jazz und Rock oder Jazz und Tanz oder Jazz und Literatur, so wie bei den 30. Internationalen Theaterhaus Jazztagen. Im Jazz schlummert so viel Unterschiedliches und genau diese Vielfalt ist unsere Maxime
Was erwartet die Besucher anlässlich der Jubiläumsausgabe?
WERNER SCHRETZMEIER: Ein sehr gutes, sehr differenziertes und sehr ereignisreiches Festival. Neben wunderbaren Konzerten eben der Tanz, die Literatur, der Film.
1990 haben Sie ein festes Schauspielensemble gegründet und am Haus etabliert.Wie kam es dazu?
WERNER SCHRETZMEIER: 1989 war das Jahr der Gründung eines festen Schauspielensembles. Meine Überlegung war kein konventionelles Ensemble zusammen zu stellen, sondern den Versuch zu starten mit Schauspielerinnen und Schauspielern die keinen deutschen Pass haben, aber trotzdem schon lange in Deutschland leben, die Arbeit aufzunehmen. Der Jugoslawienkrieg, die Zusammenarbeit mit der Akademie Schloß Solitude waren Grundlagen zum Internationalen Theaterhaus Schauspielensemble. Der Jugoslawienkrieg, weil viele junge künstlerisch ausgebildete Frauen und Männer nach Deutschland flohen.
Wie wichtig waren / sind dabei die long play Eigenproduktionen wie Dirty Dishes?
WERNER SCHRETZMEIER: Die lang laufenden Schauspielproduktionen sind ein Unikat des Theaterhauses. Gewohnt ist man lang laufende Produktionen vom Musiktheater (Musical). In den Spielplänen der deutschen Theater kommt das nicht vor. Animiert hat mich auch die Tatsache, dass „Arsen und Spitzenhäubchen“ am Broadway in New York 1400 Vorstellungen verzeichnete. Tatsache bleibt aber, dass Produktionen wie „Was heißt hier Liebe“ (seit 1989 im Repertoire des Theaterhauses) und „Dirty Dishes“ (seit 1995 im Repertoire) bei stetiger Aktualisierung nie ihre Qualität und Faszination verlieren. Klar, diese Produktionen müssen gepflegt werden.
Und dann ist Eric Gauthier Werner Schretzmeier begegnet. Wie kam es dazu?
ERIC GAUTHIER: Noch in meiner Zeit als Tänzer beim Stuttgarter Ballett bin ich mit meiner Band im Theaterhaus aufgetreten – und lernte dort natürlich Werner Schretzmeier kennen. Ich habe gleich gemerkt, wie viel Respekt er vor der Arbeit von uns Tänzern hat. Diese Wertschätzung kam absolut rüber und hat mich natürlich sehr für ihn eingenommen.
Stand die Idee einer eigenen Tanzcompagnie gleich im Raum?
ERIC GAUTHIER: Der Weg dorthin war bei Werner und mir sicherlich unterschiedlich – aber zum Glück so, dass wir beide zur gleichen Schlussfolgerung gelangt sind: Stuttgart braucht eine Tanzcompagnie im Theaterhaus! Werner hatte ja schon ein paar Jahre zuvor von einem Tanzensemble geträumt, in der Phase als Ismael Ivo am Theaterhaus einige aufsehenerregende Produktionen herausbrachte. Dieser Plan hat sich ja leider zerschlagen. Aber natürlich hatte Werner eine solche Company- Gründung schon mal für sich und das Haus durchgespielt. Ich selbst habe parallel Claudia Bauer und Meinrad Huber von ecotopia dance productions bestürmt, eine der wichtigsten Tanzagenturen in Europa, die von jeher viel mit dem Theaterhaus zusammengearbeitet haben. Die beiden haben sich irgendwann auf mich Verrückten eingelassen. Und heute machen sie unser ganzes Tourmanagement und spielen auch bei COLOURS eine wichtige Rolle: Claudia leitet die Organisation, Meinrad ist unser Programmchef.
Wie kann man sich ein eigenes Schauspielensemble und eine eigene Tanzcompagnie leisten?
WERNER SCHRETZMEIER: Wir sind das einzige Privattheater in Europa das sich zwei festangestellte Ensembles leistet. Wir wollen das so, weil wir auch fachlich in der Lage sind, Eigenproduktionen herzustellen und damit Erfolg zu haben. Darüber hinaus sind eigene künstlerische Beiträge für das Sozialgebilde Theaterhaus das wichtigste Motiv. Identität entsteht über das „Eigene“ – intern und auch für die emotionale Bindung unseres Publikums zum Theaterhaus. Wir müssen im Schnitt jährlich 900 Vorstellungen beziehungsweise Veranstaltungen machen, damit die Rechnung aufgeht. Davon sind 300 aus eigener Hand und 600 als Gastspiele, die wiederum so viel generieren müssen, dass damit die 300 vom Theaterhaus hergestellten Vorstellungen finanziert werden können. 2/3 finanzieren 1/3 des Programms! Unser Entertainmentangebot hat eine klare Funktion: Es trägt wesentlich dazu bei, dass das Theaterhaus sich zwei Ensembles leisten kann.
Dieses Jahr feiern Sie 10 Jahre Gauthier Dance? Wie fühlt sich das an und wie feiern Sie dieses Jubiläum?
ERIC GAUTHIER: Es fühlt sich natürlich ganz wunderbar an. Als wir die Company gegründet haben, wurden ja auch skeptische Stimmen laut, die uns maximal fünf Jahre geben wollten. Dass wir die erste Dekade geschafft haben, macht mich wirklich stolz. Das Jubiläum feiern wir mit unserer Geburtstagsproduktion BIG FAT TEN, ein gemischtes Programm mit Werken von sieben Star-Choreographen, darunter fünf Uraufführungen. An den Start gehen Alejandro Cerrudo, Itzik Galili, Johan Inger, Andonis Foniadakis, Nacho Duato, Marie Chouinard und ich selbst. Und natürlich wird es bei der Premiere am 1. März viele Specials und Überraschungen für das Publikum geben.
Was ist in Stuttgart besonders, was es wo anders nicht gibt?
ERIC GAUTHIER: Das ist einfach zu beantworten: das Publikum! Ich glaube, es gibt weltweit kaum eine andere Stadt mit so begeisterungsfähigen, aber auch tanzerfahrenen Zuschauern. Das ist natürlich die große und prägende Tradition des Stuttgarter Balletts, die uns da zugutekommt. Genau wegen der starken Stellung des Balletts bieten wir mit Gauthier Dance und der zeitgenössischeren Ausrichtung aber auch eine ideale Ergänzung. Beim Stuttgarter Publikum haben wir anscheinend eine echte Liebe zum modernen Tanz entfacht. Das hat uns auch das erste COLOURS-Festival 2015 ge- zeigt. Das Programm war ebenso hochkarätig wie anspruchsvoll – aber die Leute haben es geliebt. Diese Aufgeschlossenheit ist typisch für Stuttgart. Aber es gibt noch eine andere Besonderheit: Die Unternehmen im Raum Stuttgart fördern und unterstützen die Kultur in wirklich außergewöhnlichem Maß. Ohne diese Sponsoren gäbe es weder Gauthier Dance noch COLOURS.
Neben ihren regulären Auftritten und Gastspielen haben Sie das Gauthier Dance Mobil entwickelt. Was hat es damit auf sich?
ERIC GAUTHIER: Das Konzept ist einfach: Wir bringen den Tanz zu den Menschen, die selbst nicht ins Theater kommen können – zum Beispiel Seniorenheime, Einrichtungen für behinderte Menschen, Krankenhäuser oder Jugendzentren. Für unser Gauthier Dance Mobil haben wir ein etwa 45-minütiges Programm entwickelt, das wir auch auf kleinem Raum spielen können. Wir demonstrieren den Ablauf eines typischen Tags: morgens Training, danach Proben und abends die Aufführung – da zeigen wir kurze Auszüge aus aktuellen Produktionen. Hinterher kann man noch Fragen stellen und mit uns ins Gespräch kommen. Wir machen das ehrenamtlich und verzichten auf Gage – und bekommen ganz viel Dankbarkeit und Motivation zurück von unserem Mobil-Publikum.
Mit dem COLOURS International Dance Festival 2015 haben sie die Tanzwelt weit über die Grenzen Stuttgart hinaus aufhorchen lassen und haben das Publikum begeistert. Was war gut, was bleibt, was ist neu in 2017?
ERIC GAUTHIER: Es war wirklich erstaunlich, wie COLOURS schon bei seiner ersten Ausgabe wirklich zum Leben erwacht ist. Das Publikum hat unser Programmauswahl vertraut und kam in Scharen. 2017 werden wir noch mehr Aktivitäten in der Stadt haben als beim letzten Mal. Ähnlich wie mit dem Gauthier Dance Mobil wollen wir die Menschen erreichen, die von sich aus nicht ins Theater gehen. Mit einem Kids Day in der Wilhelma, dem Stuttgarter Zoo, sprechen wir zum ersten Mal auch ein ganz junges Publikum an. Außerdem haben wir das Programm noch einmal ausgeweitet und differenziert. In der kleinsten Theaterhaus-Halle T4 mit 100 Plätzen zeigen wir experimentellere und Genreübergreifende Produktionen. Die sind übrigens schon alle ausverkauft!
Und zum Zehnjährigen kommt die Tanzhalle?
ERIC GAUTHIER: Na ja – das Zehnjährige ist dieses Jahr. So schnell werden wir wohl keine neue Tanzhalle bekommen. Aber es schaut sehr hoffnungsvoll aus. Die Stadt steht hinter uns. Die Tanzhalle finde ich auch deshalb so wichtig, weil sie ja nicht nur für Gauthier Dance gebaut wird, sondern in einer zweiten Halle auch der freien Szene endlich eine eigene Spielstätte verschaffen würde. Wir können uns allen nur die Daumen drücken, dass wir bald endgültig Gewissheit haben.
Herr Schretzmeier. Sie sind jugendliche 70+. Das Theaterhaus ist Ihr Lebenswerk! Wovon träumen Sie?
WERNER SCHRETZMEIER: Ich träume von einem Theaterhaus, das vom Land und von der Stadt so viel Unterstützung bekommt, dass dieses Haus auch mal einen eigenen Programmetat hat oder anders ausgedrückt: Würde das Haus statt augenblicklich 25% in der Zukunft 40% erhalten und müsste „nur“ 60% selbst erwirtschaften (jetzt 75%), wären die Möglichkeiten den Menschen dieser Stadt, dieser Region ein noch besseres Angebot zu machen, endlich da. Das haben die jährlich 300000 Besucher genauso verdient, wie die 100 die im Theaterhaus die Arbeit machen.
DAS GESPRÄCH FÜHRTE KAI GEIGER.